Die Schwachstellen des (methodischen) Naturalismus

Stefan Taborek, Dresden  20.02.2008

stefan@canaletto.net






Die erste Schwachstelle des Naturalismus


Es gibt grundsätzlich zwei mögliche Hypothesen für die Beschreibung und Erklärung der Entstehungsprozesse des Lebens auf unserer Erde. Dementsprechend lassen sich zwei unterschiedliche Gruppen von Hypothesen bilden. Die eine Gruppe von Hypothesen schließt die empirisch überprüfbare Wirksamkeit von extraterrestrischen Intelligenzen absolut aus, während die andere Gruppe diese nicht nur zur Grundannahme macht, sondern auch zum wissenschaftlichen Forschungsgegenstand. Diese letztere Gruppe von Hypothesen wird von Wissenschaftlern im Rahmen der Intelligent-Design-Theorie verwendet. Einer der bekanntesten Naturforscher, der nach ID-Merkmalen in der „Schöpfung“ suchte, war der bekannte Astronom Keppler. Im Folgenden wird untersucht, welche hohe Bedeutung ID-Hypothesen für alle Wissenschaftler haben können und dass diese Hypothese seit den Tagen Kepplers fruchtbar ist.

Für die Entwicklung des Arguments wird eine Prämisse eingeführt und begründet, die die wissenschaftliche Suche nach Antworten strukturiert und vereinfacht. Es sollte grundsätzlich unterschieden werden zwischen dem Ursprung und der Entwicklung von intelligentem Leben im Universum im Allgemeinen und dem Ursprung von intelligenten Leben auf der Erde im Besonderen. Solange man diese beiden Ursprungs-Prozesse nicht differenziert oder als beliebig austauschbar betrachtet, bleiben schwer lösbare Probleme, wie wir im Folgenden erkennen werden.

Wir wissen weder zu den Ursprungsfragen auf der Erde eine Antwort, noch zu den Ursprungsfragen in anderen potenziellen Lebens-Nischen des Universums. Naturalistische Hypothesen implizieren, dass falls Leben irgendwo anders im Universum entsteht oder entstand, dann auf einem erdähnlichen Planeten. Sie fordern keine Differenzierung zwischen Ursprungsprozessen auf dem Planeten Erde und dem Rest des Universums, da das prinzipiell nicht sinnvoll erscheint. Doch ist dem wirklich so?
 
Folgende beide Hypothesen gehen einmal von diesem Unterschied aus und beziehen sich daher beide exklusiv auf die Entstehung von intelligentem Leben auf unserem Planeten Erde als einem winzigen Teil des Universums. Die folgende Hypothese A kann als eine Teilmenge der aktuell vertretenen These der Naturalisten eingestuft werden und somit für das folgende Gedankenexperiment verwendet werden.

Hypothese A
Leben auf der Erde entstand und entwickelte sich ausschließlich unter Wirkung der Naturgesetze

Hypothese B
Leben auf der Erde entstand unter Kontrolle extraterrestrischer Intelligenzen

Naturalisten argumentieren gegenwärtig noch, es lasse sich die Hypothese (B) mit den Methoden der Wissenschaft grundsätzlich nicht falsifizieren oder überprüfen. Daraus folgt nach Ansicht der Naturalisten, dass Wissenschaft sich nur mit der Hypothese (A) auseinandersetzen könne.  Wir wollen nachweisen, dass diese Schlussfolgerung unhaltbar ist.

Zunächst muss noch richtiggestellt werden, dass der verwendete Begriff  "extraterrestrische Intelligenz" nicht  mit dem Begriff  "Gott" gleichgestellt werden muss. Falls überhaupt nötig, so dürfen naturalistisch denkende Menschen am ehesten die Vorstellung einer menschenähnlichen Intelligenz im Sinn behalten, die irgendwo im Universum, zu einem früheren Zeitpunkt als die Menschheit, nach Hypothese (A) hervorgekommen ist. Unter dieser Grundannahme darf Hypothese (B) als konsequente naturalistische Folge von Hypothese (A) gedeutet werden, die keinen "Gott" (theos) voraussetzt.
 
Naturalisten kennen dieses Argument und ertragen es ungern. So ist es nicht verwunderlich, wenn die Argumentation an dieser Stelle unehrlich wird. Da schreibt zum Beispiel der Evolutionsbiologe Heinrich K. Erben: „Nun wollen aber manche exobiologisch Engagierten darüber noch hinausgehen, indem sie aus den obengenannten Erkenntnissen die folgenden Schlüsse ziehen: (a) Wenn sich auf der Erde organische Mikromoleküle und sogar Makromoleküle bei einer spezifischen Konstellation automatisch gebildet haben, dann muss es an allen Stellen des Weltraums, an denen die gleichen Ausgangsbedingungen bestanden, gleichfalls zur Entstehung dieser organischen Bausteine gekommen sein. (b) Da es auf der Erde nach der Bildung dieser Bausteine zur Entstehung des Lebens gekommen ist, muss das gleiche im Universum überall dort passiert sein, wo derartige Bausteine existieren.“

Zunächst bemerken wir, dass die Formulierung des Einwandes vom Autor so formuliert wurde, dass er anschließend seinen "Ball" ins Tor schießen kann. Die folgenden Seiten seines Buches sind gefüllt mit Behauptungen über die Unmöglichkeit, dass bisher irgendetwas für extraterrestrische Importe von organischem Material spreche. Andere Wissenschaftler, wie die Physiker Fred Hoyle und Wickramasinghe, werden als unglaubwürdig hingestellt und letztlich die „Bilanz“ gezogen, dass außer Aminosäuren bisher nichts Organisches nachgewiesen worden sei. Einen Automatismus für Biogenese gäbe es, und dieser habe auf der Erde funktioniert, aber das berechtige niemand zu einer Verallgemeinerung. Dem könnte man fast zustimmen, wenn er nicht den Begriff „Automatismus für Biogenese“ in seine Behauptung eingebracht hätte. Entweder es gibt diesen Automatismus oder nicht. Ganz gleich welche Fakten demnächst für extraterrestrisches Leben sprechen werden, es hat den Anschein, dass die Evolutionsverfechter inzwischen die Gräben ausgehoben haben, um die Einmaligkeit der Lebensentstehung auf der Erde „abzusichern“. Damit sind wir wieder bei dem geozentrischen Lehrsystem des Mittelalters angekommen.

Der Begriff „Gott“ wird in der naturalistischen Philosophie oft verwendet.  Doch schon die Formulierung „atheistischer Naturalismus“ ist unscharf, da es im wissenschaftlichen Sprachgebrauch keine exakte Definition für "Gott" (theos) und damit auch nicht für  "gottlos" (atheos) gibt. Im Folgenden wird daher unter dem Begriff  "außerirdische Intelligenz" zunächst ein physisches Wesen verstanden, das gemäß der Hypothese (A) ins Dasein gekommen sei und schon existierte, bevor Leben auf dem Planeten Erde zu keimen begann. Die Erkenntnisse der modernen Kosmologie lassen dieses Szenario zumindest auf der Zeitachse des Universums zu, denn der Kontext der Hypothese (B) wäre bereits erfüllt, wenn die postulierten extraterrestrischen Intelligenzen weit weniger als 1 Million Jahre der irdischen Entwicklung voraus gewesen wären.

Moderne naturalistische Theorien dürften auch nicht einmal implizit voraussetzen, dass die Erde der "Mittelpunkt" des ganzen Universums sei, was ja im Prinzip dann getan wird, wenn man davon ausgeht, dass das Leben nur auf der Erde entstanden sein könne. Jeder der Hypothese (A) als Arbeitshypothese benutzt, der sollte eigentlich davon ausgehen, dass in anderen Bereichen des Universums Intelligenzen auch schon eher als irdische Intelligenzen entstanden sind. Über welche Fähigkeiten solche Intelligenzen verfügen, die uns gegenüber einen zeitlichen Entwicklungsvorsprung haben, weiß niemand etwas genaues.  In naturalistischen Aufsätzen kann man zwar lesen, dass das Leben überall dort entstehe, wo es die notwendigen Voraussetzungen dafür gäbe, aber die logische Konsequenz dieser Prämisse wird aus gutem Grund nicht ausgebaut.

Dazu lesen wir einmal ein Statement eines Führers der „Glaubensgemeinschaft der Atheisten“, Richard Dawkins. Er schreibt in seinem Buch "Gotteswahn" (S. 105): "Es gibt höchstwahrscheinlich außerirdische Zivilisationen, die übermenschlich und auf eine Weise gottähnlich sind, wie es sich heute kein Theologe vorstellen kann. Ihre technische Errungenschaften würden uns übernatürlich vorkommen wie unsere eigenen einem Bauern aus dem Mittelalter, den man ins 21.Jahrhundert versetzen würde."

Der Philosoph Reinhard Löw hatte eine fundamentale Erkenntnis niedergeschrieben, die das ideologische Dilemma beschreibt, in dem sich auch jeder aktive naturalistische Naturwissenschaftler befindet:  "Nun ist zwar die Überzeugung von der Richtigkeit der Hypothese, mit der man beschäftigt ist, ein fast unverzichtbares Element dafür, dass man sich gerne mit ihr weiter beschäftigt (dies gegen Popper). Sie darf aber erstens nicht dazu verführen, diese Überzeugung mit der Wahrheit selber zu verwechseln, und zweitens nicht dazu, dann diese »Wahrheit« auf sachfremde Bereiche bis hin zur kompletten Weltanschauung auszudehnen."

Die Existenz von extraterrestrischer Intelligenz kann in einer zeitgemäßen Wissenschaft als ein mögliches Ergebnis der vorausgegangenen Wirkung von Naturgesetzen betrachtet werden. Das folgende Denkmodell (in groben Stufen) besteht ausschließlich aus naturalistischen Teilschritten und lässt am Ende dennoch die Frage zu, ob Designer an der Erschaffung des irdischen Habitus und Lebens beteiligt waren oder nicht.

Dieses Denkmodell ist nicht weit hergeholt, sondern sehr realistisch, wenn man sich an den Realitäten des 21. Jh. auf unserem Planeten orientiert. Die NASA arbeitet seit Jahren an einem Projekt, den Mars bewohnbar zu machen. Das soll schrittweise erfolgen und einige Hundert Jahre in Anspruch nehmen. Gemäß diesem Projekt soll der Mars zuerst eine andere Atmosphärenmischung erhalten, die den Treibhauseffekt verstärkt, um ein wärmeres Klima zu erzeugen. Dann soll der Luftdruck in der Mars-Atmosphäre erhöht werden, wozu Chemikalien und Bakterien zum Mars geschickt werden sollen, um dort die Fotosynthese zu nutzen. Anschließend sollen Menschen zum Mars fliegen, um Samen zu säen und Gewächse zu pflanzen. So futuristisch das auch klingen mag, so real sind Menschen im 21. Jh. damit beschäftigt, dieses Projekt zu planen.  Was Menschen im nächsten Jahrhundert Jahren planen werden, können wir heute nur vage vermuten.

Unter Evolutionsbiologen wird die Entstehung von Leben und Intelligenz unter Annahme von Hypothese (A) nicht nur als wahrscheinlich angenommen, sondern für unsere Existenz auf der Erde vorausgesetzt. Diese Hypothese wurde zu einem Zeitpunkt aufgestellt, als eine Vorstellung an das gerade beschriebene Szenario noch in den Bereich von Science-Fiction gehörte. Damals konnte man noch mit dem Likelihood-Test jede andere Hypothese verwerfen, weil man alternative Hypothesen einfach als „unwahrscheinlicher“ bezeichnete. Das trifft nun nicht mehr zu, da wir Menschen gewissermaßen per selbst-Experiment erkennen, wie wir beginnen zu planen, und bald die Rolle von „Schöpfern“ oder „Göttern“ übernehmen wollen, falls wir die Macht dazu erhalten.

Naturalisten bekämpfen leider alle Bemühungen der Wissenschaftler, die nach ID-Signalen forschen, und behindern somit die Suche nach der Wahrheit. Die Definition der Begriffe "natürlich" und "übernatürlich" spielen in ihrem Definitionsbereich eine große Rolle, um ihre Machtposition auszubauen
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